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Kanzlei Tykwer & Kirsch
Carsten Tykwer

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Annahme/Ausschlagung der Erbschaft

Häufig besteht die irrtümliche Vorstellung, dass ein Erbe von einem potentiellen Erben aktiv angenommen werden muss. Vielmehr gilt im deutschen Erbrecht das Prinzip des „Vonselbsterwerbs“ - das bedeutet: Der Nachlass geht auf den Erben über, ohne dass dieser in irgendeiner Form aktiv werden muss. Das Vermögen wie auch die Schulden, die sich gegen den Nachlass richten, werden automatisch zum Zeitpunkt des Erbfalls übertragen.

Um dieser Rechtsfolge zu entgehen, steht dem Erben unter anderem das Mittel der Ausschlagung zur Verfügung. Die Ausschlagung wirkt auf den Zeitpunkt des Anfalls des Erbes zurück und beseitigt diesen somit nachträglich. Die Ausschlagung ist ein erbrechtliches Gestaltungsmittel. Klassischerweise wird nur an eine Ausschlagung gedacht, wenn das Erbe überschuldet ist. Dies ist aber keinesfalls die einzige sinnvolle Alternative bei der das Recht zur Ausschlagung geltend gemacht werden sollte.

Vielmehr kann eine Ausschlagung auch erklärt werden, um andere zu begünstigen, zum Beispiel die eigenen Kinder, um auf diese Weise einen doppelten Anfall der Erbschaftssteuer zu vermeiden. Dabei ist zu beachten, dass bei einer vermuteten Verschuldung des Nachlasses die Ausschlagung nicht unbedingt das probate Mittel sein muss, um einer persönlichen Haftung für Nachlassverbindlichkeiten zu entgehen. In diesem Zusammenhang ist auch an andere Rechtsinstitute zu denken, wie beispielsweise die Einrichtung einer Nachlassverwaltung.

Eine Ausschlagung kann auch empfehlenswert sein, wenn Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. So kann der überlebende Ehegatte die Ausschlagung einsetzen, um die Abwicklungsmethode für den Nachlass zu bestimmen. Des Weiteren kann durch eine Ausschlagung gegebenenfalls die Bindungswirkung eines gemeinsamen Testamentes für den überlebenden Ehegatten beseitigt werden. Für die konkrete Frage, ob es im Einzelfall sinnvoll ist das Erbe auszuschlagen, sollte immer eine fachliche Beratung in Anspruch genommen werden.

Grundsätzlich beseitigt die Ausschlagung des Erbteils auch den Pflichtteilsanspruch. Hierzu gibt es zwei praxisrelevante Ausnahmetatbestände: Zum einen für Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben, sowie gemäß § 2306 Abs. 1 S.2 BGB, wenn der Nachlass mit erheblichen Vermächtnissen oder Auflagen belastet ist.

Jeder hat das Recht dazu ein Erbe auszuschlagen, unabhängig davon, ob er durch ein Testament oder im Rahmen einer gesetzlichen Erbfolge berufen ist. Insbesondere zu beachten ist allerdings, dass das Ausschlagungsrecht auch verloren gehen kann. Dies ist gemäß § 1943 BGB der Fall, wenn das Erbe vorher ausdrücklich angenommen wurde - das heißt: Auf das Recht zur Ausschlagung wurde verzichtet.

Wie bereits zu Beginn erläutert, bedarf der Anfall einer Erbschaft keiner ausdrücklichen Annahmeerklärung, die an eine besondere Form gebunden ist. Das bedeutet: Sie kann sowohl mündlich wie auch durch schlüssiges Verhalten erfolgen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Erbe schlüssig erklärt hat, dass er die Erbschaft endgültig behalten will. In diesem Zusammenhang sind allerdings im Rahmen einer Frist von sechs Wochen für die Ausschlagung besonders hohe Anforderungen anzunehmen. Für jeden einzelnen Fall ist daher eine individuelle Betrachtung notwendig.

In der Praxis erfolgt der häufigste Fall einer Annahme durch den Fristablauf. Sobald die vorgeschriebene Frist von sechs Wochen für die Ausschlagung abgelaufen ist - gerechnet von dem Zeitpunkt der Kenntnis über den Erbfall - gilt die Erbschaft als angenommen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Zeitpunkt des genauen Fristbeginns unterschiedliche Auslegungsmöglichkeiten bietet.

Für eine wirksame Erklärung der Ausschlagung sind besondere Form-Erfordernisse zu erfüllen. Die Ausschlagung ist zunächst dem zuständigen Nachlassgericht gegenüber zu erklären. Wird die Ausschlagung gegenüber möglichen Nachlassgläubigern erklärt, hat dies keinerlei Bedeutung. Des Weiteren ist die Ausschlagungserklärung entweder zur Niederschrift des Nachlassgerichtes abzugeben oder notariell beglaubigt - es sei denn der Erbe hält sich im Zeitpunkt der Ausschlagung im Ausland auf. Auf Antrag erstellt das Nachlassgericht im Anschluss eine Bestätigung über den Zugang und Inhalt der Erklärung.

Die Ausschlagung kann nicht bedingt erklärt werden und nicht auf einen gegenständlichen Teil des Erbes beschränkt - Ausnahmen gibt es lediglich in der Höfeordnung.

Die Rechtsfolge der Ausschlagung ist, dass der Anfall der Erbschaft an den Ausschlagenden als nicht erfolgt gilt. Das Erbe fällt dann an den Nächstberufenen. Von besonderer Bedeutung sind in diesem Zusammenhang die von den vorläufigen Erben vorgenommenen Rechtsgeschäfte in Ansehung des Nachlasses.

Ist die Annahme der Erbschaft erfolgt, kann sich aus verschiedenen Gründen herausstellen, dass dies von dem Erben so nicht gewollt war, beziehungsweise er sich im Hinblick auf den Nachlass in einem Irrtum befand. In diesem Fall wird die Frage der Anfechtbarkeit der Annahme der Erbschaft zu einer ausgesprochen, praxisrelevanten Fragestellung.

Grundsätzlich kann die Annahme der Erbschaft innerhalb von sechs Wochen ab Kenntnis vom Anfechtungsgrund angefochten werden. In formeller Hinsicht ist zu beachten, dass die Erklärung der Anfechtung eine amtsempfangsbedürftige Willenserklärung ist, die also gegenüber dem Nachlassgericht abgegeben werden muss. Ansonsten gelten hierbei die Form-Erfordernisse für die Ausschlagung der Erbschaft. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass nicht jeder Irrtum über die Annahme der Erbschaft zu einer Anfechtung berechtigt.  Ein Rechtsberater muss im Einzelfall die genauen Gründe hinsichtlich ihrer Relevanz überprüfen und gegebenenfalls zu anderen rechtlichen Möglichkeiten raten.

 

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