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Kanzlei Tykwer & Kirsch
Carsten Tykwer

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Landgericht Detmold, 9 O 361/08 / 07.05.2009

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar

Tatbestands:

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen einer angeblich fehlerhaften Anlageberatung auf Schadenersatz in Anspruch.

Die Klägerin unterzeichnete unter dem 29.11.2002 eine Beitrittserklärung zu einem Filmfonds der N 1 G GmbH & Co. KG mit einer Einlage von 10.000,-- € zzgl. 500,-- € Agio. Vorausgegangen waren Gespräche mit der Beklagten, bei der es sich um die Hausbank der Klägerin handelte, insbesondere mit einer Mitarbeiterin E. In der Beitrittserklärung (Anlage K 1 zur Klageschrift) hieß es u.a., dass der Anteilszeichner bestätige, den Beteiligungsprospekt mit dem Gesellschaftsvertrag gelesen zu haben und damit einverstanden zu sein. Unstreitig erhielt die Klägerin einen zweiseitigen Flyer (Anlage K 2 zur Klageschrift). Ob darüber hinaus der Beteiligungsprospekt übergeben wurde, ist streitig.

Die Klägerin trägt vor, sie und ihr Ehemann hätten bis dahin nur konservative Anlageformen gewählt, wie z. B. Sparbücher oder Sparbriefe. Sie habe zu dem Zeitpunkt 10.000,-- € übrig gehabt, für die man eine sichere Anlage zur Altersvorsorge gesucht habe. Von der Mitarbeiterin E sei der Filmfonds als seriöse und sichere Anlage angepriesen worden, mit der man unter Berücksichtigung von Steuerersparnissen und Gewinnen eine Rendite von etwa 8,5 % erzielen könne. Entgegen der Angabe in der Beitrittserklärung, bei der es sich im Übrigen um eine allgemeine Geschäftsbedingung handele, sei der Beteiligungsprospekt nicht übergeben worden, sondern nur der zweiseitige Flyer. Sie, die Klägerin, habe angenommen, dass es sich bei dem Beteiligungsprospekt um diesen Flyer handele. Eine ordnungsgemäße Aufklärung über die Risiken der Anlage sei nicht erfolgt, insbesondere nicht über die Möglichkeit des Totalverlustes, das Risiko, aus einer gem. § 172 Abs. 4 HGB auflebenden Haftung in Anspruch genommen zu werden die Nichtexistenz eines funktionierenden Zweitmarktes, d.h. die mangelnde Fungibilität, der sog. blind-pool-Charakter, sowie das Vorhandensein von Innenprovisionen und Rückvergütungen. Bei richtiger Belehrung über die Risiken hätte man diese Anlageform nicht gewählt. Die Beklagte müsse daher als Schadenersatz den einbezahlten Betrag abzüglich der erfolgten Ausschüttungen erstatten.

Die Klägerin beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an sie 9.489,20 € mit 5 % Zinsen seit dem 01.01.2003 bis zur Rechtshängigkeit sowie Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile der Klägerin in Höhe des Nominalbetrags von 10.000,-- € an die N 1 G Filmproduktions GmbH & Co. KG zu zahlen,

2.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihr jeden weiteren Schaden zu ersetzen, der ihr aus der streitbefangenen Beratungssituation entstanden sei oder noch entstehen werde,

3.) festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Zug um Zug angebotenen Übertragung der Anteile an der N 1 G GmbH & Co. KG in Verzug befinde,

4.) die Beklagte zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren von 837,52 € mit Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Klägerin sei über die Anlageform ordnungsgemäß beraten worden. Sie habe auch den Beteiligungsprospekt ausgehändigt bekommen, in dem die Risiken der Anlage noch einmal im Einzelnen dargestellt seien. Außerdem seien eventuelle Ansprüche der Klägerin wegen einer falschen Beratung verjährt.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Es kann dahinstehen, ob eine Haftung der Beklagten wegen einer fehlerhaften Anlageberatung gegeben ist. Eventuelle Ansprüche sind jedenfalls verjährt. Es kann offen bleiben, ob die in der Beitrittserklärung enthaltenen verkürzten bzw. verschärften Verjährungsvorschriften anwendbar sind. Bei Anwendung der allgemeinen Verjährungsregeln begann die Verjährung im Jahr 2002 zu laufen und ist Ende 2005 vollendet worden. Die Verjährung ist lange vor Eingang der Klage im Jahr 2008 eingetreten.

Der Schaden ist schon mit der Unterzeichnung der Beitrittserklärung bzw. der Einzahlung der 10.500,-- € entstanden, nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt, als sich abzeichnete, dass der Filmfonds nicht die vorgestellten Erträge abwerfen würde. Die Klägerin suchte nach ihrem Vortrag eine sichere Geldanlage zum Zwecke der Altersvorsorge. Diese Eigenschaften wies der spekulative Filmfonds von vornherein nicht auf. Die Klägerin hat also, ihren Vortrag unterstellt, in eine Anlage investiert, die ihren Vorstellungen nicht entsprach und die "das Geld nicht wert war".

Auch die subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB waren schon im Jahr 2002, zumindest kurz nach Abgabe der Beitrittserklärung, gegeben. Die Klägerin hat sich grob fahrlässig der Erkenntnis verschlossen, dass die Geldanlage nicht den von ihr behaupteten Vorstellungen entsprach. So enthält schon der unstreitig ausgehändigte Flyer einen Risikohinweis darauf, dass im Extremfall auch ein Totalverlust des Kapitals eintreten könne. Daneben hat die Klägerin mit einer gesonderten Unterschrift bestätigt, den Beteiligungsprospekt mit dem Gesellschaftsvertrag gelesen zu haben. Dabei handelt es sich nicht um eine (unwirksame) allgemeine Geschäftsbedingung, sondern um eine Tatsachenerklärung. Folgt man dem Vortrag der Klägerin, wonach sie den Beteiligungsprospekt tatsächlich nicht bekommen hat, so hätte ihr auffallen müssen, dass die Beklagte ihr eine, auch noch gesondert hervorgehobene Unterschrift unter einer falschen Erklärung abverlangt hätte. Sie hätte somit die dringende Veranlassung gehabt, insbesondere innerhalb der laufenden Widerrufsfrist, den fehlenden Beteiligungsprospekt nachzufordern. In diesem Prospekt waren z. B. auf Seiten 8 und 53 – 56 deutliche Risikohinweise enthalten, anhand derer die Klägerin unschwer hätte erkennen können, dass es sich nicht um eine sichere Anlage zur Altersvorsorge handelte. Dass die Klägerin diesen Anhaltspunkten nicht nachgegangen ist, ist als grobes Verschulden gegen die Wahrung ihrer Eigeninteressen anzusehen (vgl. Brandenburgisches Oberlandesgericht, Urteil vom 19.02.2009, 12 U 140/08 und OLG Frankfurt, Urteil vom 14.01.2008, Az: 18 U 28/07, beide bei JURIS).

Die Klägerin kann sich auch nicht darauf stützen, sie sei dem Beteiligungsprospekt nicht weiter nachgegangen, weil sie geglaubt habe, dass es sich dabei um den überreichten Flyer handele. Der Flyer enthält nämlich gerade einen Hinweis darauf, dass es sich bei ihm nicht um den Beteiligungsprospekt handele. Außerdem bezog sich die Erklärung der Klägerin in der Beitrittserklärung auch auf den Gesellschaftsvertrag. Dieser war jedoch nicht dem Flyer beigefügt, sondern Teil des Beteiligungsprospektes.

Schließlich steht der Verjährung auch nicht entgegen, dass der Beteiligungsprospekt möglicherweise keine ausreichenden Hinweise auf die internen Rückvergütungen enthält. Die Klägerin hätte schon aufgrund der übrigen Risikohinweise erkennen können, dass die Geldanlage nicht ihren Wünschen entsprach. Dass es ihr gerade auf die Problematik der Rückvergütungen angekommen wäre, ist nicht ersichtlich. Im Übrigen beginnt bei einer fehlerhaften Anlageberatung die kenntnisabhängige Verjährungsfrist nicht für jeden Beratungsfehler gesondert zu laufen, wenn sämtliche angeblichen Beratungsfehler denselben Schaden nach sich zogen (OLGR Saarbrücken 2008, 983 – 987).

Nebenentscheidungen: §§ 91, 709 ZPO.