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Kanzlei Tykwer & Kirsch
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Landgericht Detmold, 10 S 110/14 / 14.01.2014

Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das am 30.05.2014 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lemgo abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.578,14 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.09.2013 zu zahlen. Wegen des weitergehenden Zinsanspruchs wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß den §§ 540 Abs. 2, 313 a  Abs. 1 Satz 1 ZPO i. V. m. den §§ 544 Abs. 1 Satz 1 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache überwiegend Erfolg.

Sie führt in Abänderung des angefochtenen Urteils – bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs – zu einer antragsgemäßen Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Schadensersatz. Ein entsprechender Anspruch ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 1, 249 Abs. 1, 398 BGB. Zu dem nach diesen Vorschriften ersatzfähigen Schaden zählen auch die Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

1.

Eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB liegt darin, dass sie die Ausführung der Zahlungsanweisung des Bevollmächtigten bezüglich des besagten Sparkontos von Voraussetzungen abhängig gemacht hat, die – wovon mangels entsprechenden Sachvortrages auszugehen ist – weder vertraglich vereinbart worden sind, noch gesetzlich oder aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten erforderlich waren.

a)

Die Zedentin hat dem Bevollmächtigten am 16.12.2002 wirksam eine Vorsorgevollmacht erteilt, die diesen dazu berechtigte, die Zedentin in allen vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit dies rechtlich möglich ist, zu vertreten (vergleiche Ziff. I. 1. der Vorsorgevollmacht). Unstreitig lag diese Vorsorgevollmacht der Beklagten jedenfalls als Telefax vor, wie sich insbesondere der vorgerichtlichen Korrespondenz entnehmen lässt. Begründete Zweifel an der Wirksamkeit dieser Vorsorgevollmacht hat die Beklagte weder vorgerichtlich noch im vorliegenden Rechtsstreit geäußert. Der Mitarbeiter der Rechtsabteilung der Beklagten hat nach dem Aktenvermerk des Betreuungsgerichts G vom 29.05.2013 zudem eingeräumt, dass die Unterschrift unter der Vorsorgevollmacht mit den hinterlegten Vergleichsunterschriften der Zedentin übereinstimme. Wie sich insbesondere den beiden E-Mails ihres Mitarbeiters vom 15. und 17.05.2013 entnehmen lässt, verlangte die Beklagte allerdings die Vorlage einer Bestellungsurkunde und eines Betreuerausweises. Insbesondere sind auch in diesen beiden E-Mails keine Bedenken gegen die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht erhoben worden. Der Mitarbeiter der Beklagten spricht in der E-Mail vom 15.05.2013 vielmehr nur von möglichen abweichenden juristischen Auslegungen einer solchen Vorsorgevollmacht.

b)

Aufgrund des zitierten Inhalts der Vorsorgevollmacht, die auch nicht widerrufen worden ist, war der Bevollmächtigte berechtigt, auch über das Sparkonto zu verfügen, für welches unstreitig keine gesonderte Bankvollmacht erteilt worden ist. Eine andere rechtliche Beurteilung wäre allenfalls dann gerechtfertigt gewesen, wenn entweder die Vorsorgevollmacht gefälscht oder aber nach ihrer Errichtung durch eine andere Erklärung der Zedentin widerrufen, eingeschränkt oder abgeändert worden wäre. Dies war unstreitig nicht der Fall.

c)

Wegen des Bestehens dieser Vorsorgevollmacht hat das Betreuungsgericht G mit zutreffenden Erwägungen die Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ abgelehnt. Eine Erforderlichkeit einer Betreuung im Sinne des § 1896 Abs. 2 S. 2 BGB lässt sich wegen der Existenz dieser Vollmacht gerade nicht feststellen.

d)

Im Weiteren kann bei der rechtlichen Beurteilung dahinstehen, ob die Beklagte tatsächlich die Ausführung der Anweisung von der Vorlage der Originalvollmacht abhängig gemacht hat. Denn jedenfalls ist nicht festzustellen, dass sie den Bevollmächtigten vor der Einschaltung des Klägers unmissverständlich auf das Erfordernis der Vorlage der Originalvollmacht hingewiesen hat.

e)

Soweit sie die Beklagte mit der Berufung entgegen der von ihr in der vorgerichtlichen Korrespondenz vertretenen Auffassung geltend macht, auch wegen § 174 S. 1 BGB berechtigt gewesen zu sein, die Ausführung der Anweisung des Bevollmächtigten zu verweigern, ist darauf hinzuweisen, dass § 174 BGB vorliegend nicht einschlägig ist. Bei der Anweisung an eine Bank handelt es sich – wie insbesondere § 784 BGB zeigt – gerade nicht um ein einseitiges Rechtsgeschäft. Abgesehen davon vermag die Kammer auch nicht festzustellen, dass die Beklagte unverzüglich und unmissverständlich die Vorsorgevollmacht zurückgewiesen hat, weil sie nicht im Original vorgelegen hat.

f)

Schließlich spricht auch das weitere Verhalten der Beklagten dafür, dass diese selbst die Vorlage einer Originalvollmacht nicht (mehr) für erforderlich hielt. Denn in ihrem Schreiben vom 19.06.2013 ist keine Rede mehr von der Vorlage der Originalvollmacht. Vielmehr werden dort zur Aufklärung des Sachverhalts noch zwei Fragen gestellt. Auch im Weiteren lassen sich dem Sachvortrag der Beklagten keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die Originalvollmacht in der Folgezeit noch vor der Ausführung der Anweisung vorgelegt worden ist.

2.

Die Beklagte hat auch die Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 S. 2 BGB zu vertreten. Dabei trägt die Beklagte die Darlegung- und Beweislast für ein fehlendes Verschulden.

Der Sachvortrag der Beklagten reicht indes nicht aus, um vorliegend die Vermutung eines Verschuldens zu widerlegen. Denn spätestens mit der Übersendung der Stellungnahme des Amtsgerichts G vom 24.05.2013 durch das Schreiben des Klägers vom 29.05 2013 konnte die Beklagte gefahrlos die Anweisungen des Bevollmächtigten ausführen. Aufgrund dieses „Negativattestes“ drohten ihr keine haftungsrechtlichen Risiken, nachdem das Amtsgericht G von einer wirksamen Vollmachtserteilung ausgegangen und darüber hinaus eine Erweiterung der Betreuung um den Aufgabenkreis „Vermögenssorge“ gerade wegen der bestehenden Vorsorgevollmacht nicht für möglich gehalten hat. Gleichwohl hat die Beklagte auch in der Folgezeit die Anweisung zunächst noch nicht ausgeführt, sondern auch noch mit Schreiben vom 31.05.2013 daran festgehalten, dass aus ihrer Sicht eine Betreuung sachgerecht sei.

Auch der Umstand, dass die Zedentin bezüglich des 2009 eröffneten Sparkontos dem Bevollmächtigten gerade keine spezielle Bankvollmacht erteilt hat, vermag die Beklagte nicht zu entlasten. Ohne einen Widerruf, eine Einschränkung oder Abänderung der bestehenden Vorsorgevollmachtkonto konnte und durfte die Beklagte allein aufgrund dieser Vorsorgevollmacht Anweisungen des Bevollmächtigten ausführen, ohne sich haftungsrechtlichen Risiken auszusetzen. Schließlich lässt die Beklagte bei ihrer Argumentation auch außer Betracht, dass gerade wegen des Bestehens der Vorsorgevollmacht eine gesonderte Vollmacht für das im Jahr 2009 eröffnete Sparkonto nicht mehr erteilt worden sein könnte.

3.

Die objektive Pflichtverletzung der Beklagten war auch ursächlich für den eingetretenen Schaden. Nachdem die Beklagte die Ausführung der Anweisung des Bevollmächtigten von unberechtigten Anforderungen abhängig gemacht hatte, konnte und durfte der für die Zedentin handelnde Bevollmächtigte die Einschaltung eines Rechtsbeistandes für notwendig und erforderlich halten. Ohne die entsprechenden Verhaltensweisen der Beklagten wäre eine Einschaltung des Klägers nicht notwendig gewesen.

4.

Der Höhe nach ist die Klageforderung zwischen den Parteien nicht im Streit; insbesondere hat die Beklagte auch den Ansatz einer 1,5-Geschäftsgebühr nicht beanstandet. Dieser Ansatz dürfte im Hinblick auf den Umfang und die Bedeutung der anwaltlichen Tätigkeit auch nicht überhöht sein.

5.

Der zuerkannte Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Zinsen können allerdings erst ab dem 13.09.2013 verlangt werden, nämlich mit Ablauf der mit Schreiben vom 02.09.2013 gesetzten Zahlungsfrist zum 12.09.2013.

6.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

7.

Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 2578,14 EUR festgesetzt.