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Kanzlei Tykwer & Kirsch
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Amtsgericht Blomberg, 4 C 373/03 / 06.10.2005

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 110 % des je-weils beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen eines am 10.05.2003 erfolgten Verkehrsunfalls in Anspruch. Der Unfall ereignete sich in Schottland in der Nähe des Ortes Z1. Auf den dem Kläger entstandenen Schaden von 1.343,92 € leistete die Beklagte die Hälfte.

Der Kläger meint, dass angerufene Gericht sei aufgrund Artikel 9 Absatz 1 b, 11 Absatz 2 der Verordnung Nr. 44 aus 2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) zuständig. Der Kläger behauptet, er habe zum Unfallzeitpunkt am Straßenrand angehalten, um das ihm entgegenkommende Gespann Jeep Grand Cherokee mit breitem Anhänger passieren zu lassen. Der Jeep sei in langsamer Fahrt an dem stehenden PKW des Klägers vorbeigefahren, dann habe er beschleunigt, hierbei sei der rechte Kotflügel seines PKW’s beschädigt worden. 3 Der Kläger beantragt, 4 die Beklagte zu verurteilen, an ihn 671,96 € nebst Zinsen in Höhe von 6 Prozentpunkten seit dem 10.05.2003 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, das angerufene Gericht sei unzuständig.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unzulässig. Das Amtsgericht Blomberg ist international nicht zuständig. Der Unfall ereignete sich in Schottland, die Beklagte hat ihren Sitz in Großbritanien, so dass der Weg zu dem deutschen Gericht nicht eröffnet ist. Die Zuständigkeit des Gerichts ergibt sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht aus Artikel 9 Absatz 1 b, 11 Absatz 2 der EuGVVO. Nach Artikel 9 Absatz 1 b EuGVVO kann ein Versicherer, der seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden. Dies ist jedoch nur bei Klagen des Versicherungsnehmers, des Versicherten oder des Begünstigten möglich. Der Kläger ist weder Versicherungsnehmer noch Versicherter. Der Kläger ist auch nicht Begünstigter im Sinne der Vorschrift. Der Verletzte ist nicht als Begünstigter des Haftpflichtversicherungsvertrages im Sinne des Artikel 9 Absatz 1 b EuGVVO anzusehen (vergleiche Münchener Kommentar zum BGB, Ergänzungsband, 3. Auflage, Artikel 40 EGBGB Rd.-Nr. 68 mit weiteren Nachweisen). Für diese Auslegung der Vorschrift spricht, dass nach Ziffer 16 der Erwägung zur Richtlinie die Tätigkeit der Schadensregulierungsbeauftragten nicht ausreichen sollte, um einen Gerichtsstand im Wohnsitzmitgliedstaat des Geschädigten zu begründen, wenn dies nach den Regelungen des internationalen Privat- und Zivilprozessrechts über die Festlegung der gerichtlichen Zuständigkeit nicht vorgesehen ist. Wäre die Richtlinie in der Form auszulegen, dass sich aus Artikel 9 bereits ein Gerichtsstand im Wohnsitzmitgliedstaates des Geschädigten ergebe, wäre die ansprechende Erwägung überflüssig gewesen.

Die Richtlinie 2005/14/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Mai 2005, durch die eine weitere Erwägung 16 a eingefügt worden ist, hat damit nicht nur klarstellende Bedeutung, sondern soll in Umsetzung dieser Richtlinie einen zusätzlichen Gerichtsstand am Wohnsitz des Geschädigten erst schaffen. Zwar ist die Richtlinie 2005/14 vom 11. Mai 2005 inzwischen veröffentlicht worden, aus Artikel 6 der Richtlinie ergibt sich jedoch, dass die Mitgliedsstaaten die Richtlinie erst noch in nationales Recht umsetzen müssen. Hierzu sind die Mitgliedsstaaten aufgefordert, den bis 11. Juni 2007 nachzukommen. Eine entsprechende Umsetzung in nationales Recht ist in der Bundesrepublik Deutschland noch nicht erfolgt, so dass nach derzeitigen Rechtsstand die Erwägung 16 a noch keine Anwendung findet.

Die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2005 nicht rügelos eingelassen. Zwar ist nicht ausdrücklich eine Rüge der Zulässigkeit im Protokoll aufgenommen, bereits aus der Ladung zum Termin ergab sich jedoch, dass insbesondere zur Frage der Zuständigkeit des Gerichts verhandelt werden sollte. Dementsprechend ist auch die Zuständigkeit mit den Parteivertretern erörtert worden, die entsprechenden Anträge bezogen sich - wie sich bereits aus dem Gesamtzusammenhang ergibt - auf die Klärung der Zuständigkeitsfrage.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Absatz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 671, 96 €