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Kanzlei Tykwer & Kirsch
Carsten Tykwer

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Amtsgericht Lemgo, 19 C 349/06 / 14.02.2007

Tenor:

Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm bewohnte Wohnung Nr. 28 in dem Objekt W2, #### C gelegen im ersten Obergeschoss links bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Keller und Balkon zum 31. März 2007 zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 4.000,00 € abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Tatbestand:

Die Klägerin ist Vermieterin der Wohnung Nummer 28 in dem Objekt W2 in C. Sie hat diese Wohnung mit schriftlichem Mietvertrag an den Beklagten vermietet. Als Mietbeginn wurde zwischen den Parteien im schriftlichen Mietvertrag der 01.09.2000 vereinbart. Vereinbart ist zwischen den Parteien eine Kaltmiete in Höhe von 550,00 DM, entsprechend 281,21 €, sowie eine Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 100,00 DM, entsprechend 51,13 € monatlich. Wegen der Einzelheiten wird auf den in Kopie zur Akte gereichten Vertrag, Anlage K 1 zur Klageschrift vom 22.08.2006, Bezug genommen.

Zwischen den Parteien wurden in der Vergangenheit bereits zwei Rechtsstreite vor dem Amtsgericht M geführt, in welchen die Klägerin gegen den Beklagten Zahlungsansprüche geltend gemacht hat. In dem Rechtsstreit 19 C 784/04, in welchem die Klägerin von dem Beklagten eine Nebenkostennachzahlung begehrte, schlossen die Parteien am 01.07.2005 einen gerichtlichen Vergleich, durch welchen sich der Beklagte verpflichtete, einen Betrag in Höhe von 836,00 € in monatlichen Raten von jeweils 40,00 € zu zahlen. Der Beklagte erfüllte seine Verpflichtung aus diesem Vergleich nicht. Nach der Aufstellung des Forderungskontos der Klägervertreter vom 22.08.2006, Anlage K 4 zur Klageschrift vom 22.08.2006, zahlte der Beklagte auf den gerichtlichen Vergleich insgesamt einen Betrag in Höhe von 230,00 € und leistete die letzte Zahlung auf den Vergleich am 19.12.2005. Die von der Klägerin daraufhin betriebene Zwangsvollstreckung blieb erfolglos, weil der Beklagte die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und vermögenslos ist. Weiterhin wurde gegen den Beklagten in dem Rechtsstreit 19 C 232/06, in dem die Klägerin gegen den Beklagten Zahlung von Mietrückständen und wiederum eine Nebenkostennachzahlung begehrte, am 14.07.2006 ein Versäumnisurteil erlassen, gegen welches der Beklagte kein Rechtsmittel einlegte. Der Beklagte schuldet der Klägerin danach neben dem Restbetrag aus dem gerichtlichen Vergleich vom 01.07.2005 den Mietzins einschließlich Nebenkostenvorausszahlung für den Monat Januar 2006 in Höhe von 332,34 € (rechtskräftig festgestellt) sowie für den Monat April 2006 in Höhe von 132,34 € (rechtskräftig festgestellt, vgl. Versäumnisurteil vom 14.07.2006, Anlage K 5 zur Klageschrift vom 22.08.2006, sowie Kündigungsschreiben vom 27.07.2006, Anlage K 2 zur Klageschrift vom 22.08.2006; soweit die Klägerin in der Klageschrift einen Betrag iHv 200,00 € angibt, dürfte es sich hierbei angesichts der eingereichten Anlagen um einen Fehler handeln). Weiterhin wurde mit dem Versäumnisurteil vom 14.07.2006 eine Nebenkostennachzahlung aufgrund der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2004 in Höhe von 772,82 € gegen den Beklagten tituliert.

Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten durch Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.07.2006 den Mietvertrag wegen Zahlungsverzuges fristlos zum 02.08.2006 gekündigt und der Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 545 BGB widersprochen. Zur Begründung hat sie sich auf offene Mieten für die Monate Oktober und November 2005 sowie Januar, April und Juli 2006 berufen. Mietrückstände bestanden zu diesem Zeitpunkt jedoch lediglich für die Monate Januar 2006 in voller Höhe und April 2006 in Höhe von 132,34 €. Die weitergehenden Mieten hatte der Beklagte gezahlt.

Mit der Klageschrift vom 22.08.2006, dem Beklagten zugestellt am 14.09.2006, haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin für diese nochmals die fristlose Kündigung hilfsweise die fristgerechte Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Mietvertrages ausgesprochen und der Forstsetzung des Mietverhältnisses gem. § 545 BGB widersprochen. Die fristlose Kündigung haben sie auf § 543 Abs. 3 a) 2. Alt. BGB sowie § 543 Abs. 1 BGB und die fristgemäße Kündigung auf § 573 Abs. 2 Ziffer 1) BGB gestützt. 5 Die Klägerin ist der Ansicht, dass der volle Mietrückstand für Januar 2006 und der teilweise Mietrückstand für April 2006 den Kündigungsgrund des § 543 Abs. 2 Satz 3 a) 2. Alt. BGB begründe. Weiterhin lägen wegen der offenen Mieten und der weiterhin bestehenden offenen Nebenkostennachzahlungsforderungen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1 BGB vor. Zumindest sei jedoch eine fristgemäße Kündigung nach § 573 Abs. 2 Ziffer 1) BGB begründet.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die von ihm bewohnte Wohnung Nr. 26 in dem Objekt Wasserfuhr 32, #### C gelegen im ersten Obergeschoss links bestehend aus zwei Zimmern, einer Küche, einem Bad, einem Keller und Balkon zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Hilfsweise beantragt sie, die im Hauptantrag bezeichnete Wohnung durch den Beklagten zum 31.03.2007 zu räumen und herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er ist der Ansicht, dass die Klägerin ihre fristlose Kündigung nicht auf § 543 Abs. 2 Satz 3 a) 2. Alt. BGB stützen könne, weil er nicht mit der Mietzahlung an zwei aufeinanderfolgenden Terminen in Verzug ist. Sie könne sich weiter auf das Versäumnisurteil vom 14.07.2006 nicht berufen, weil sie dort rückständige Mieten für die Monate Oktober und November 2005 eingeklagt habe, obwohl ihr bekannt gewesen sei, dass diese Mieten gezahlt waren. Die Klägerin könne sich schließlich nicht auf die Nebenkostenforderung in Höhe von 772,82 € berufen, weil die Rechtsanwälte T u.a. die Nebenkostenabrechnung 2004 für ihn als nicht prüfbar zurückgewiesen hätten, weil der Berechnungsschlüssel nicht nachvollziehbar sei.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Räumungsklage ist im Hauptantrag unbegründet. Im Hilfsantrag ist sie zulässig und begründet.

Der Beklagte ist nicht gem. § 546 Abs. 1 BGB zur sofortigen geräumten Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verpflichtet, da die Klägerin weder durch die fristlose Kündigung vom 27.07.2006 noch die fristlose Kündigung vom 22.08.2006 das Mietverhältnis zum jetzigen Zeitpunkt rechtswirksam beendet hat. Die fristlosen Kündigungen der Klägerin sind unwirksam, weil die Voraussetzungen für eine außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nicht vorlagen. Die Klägerin beruft sich auf einen Zahlungsverzug des Beklagten. Soweit die Klägerin die außerordentliche Kündigung damit begründet, dass der Beklagte auf titulierten Nebenkostennachzahlungsansprüche nicht zahlt, berechtigt sie dies nicht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs. Denn der Nachzahlungsbetrag aus der Nebenkostenabrechnung gehört nicht zur Miete im Sinne des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Auch die ausstehenden Mietzahlungen nebst Nebenkostenvorauszahlungen für die Monate Januar 2006 in voller Höhe und April 2006 in Höhe von 132,34 € stellen keinen wichtigen Grund im Sinne des § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB dar, denn der Beklagte befand sich gerade nicht für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug, sondern es lagen zwischen den einzelnen Terminen, in denen er sich mit der Mietzahlung bzw. einem Teil davon in Verzug befand, zwei Monate.

Die Klage auf künftige Räumung des Wohnraums ist gem. § 259 ZPO zulässig, weil die nicht rechtzeitige künftige Räumung der Wohnung durch den Beklagten zu besorgen ist. Der Beklagte hat den Räumungsanspruch der Klägerin ernstlich bestritten. Er vertritt die Ansicht, dass ein Kündigungsgrund nicht vorliege. Weiterhin hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 24. Januar 2007 erklärt, dass er einen Vergleich über eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 01.04.2007 ablehne, weil er innerhalb dieser Frist keine Ersatzwohnung finden würde. Aufgrund dessen ist zu besorgen, dass der Beklagte die Wohnung nicht zum 31.03.2007 räumen wird.

Der Beklagte ist jedoch gem. § 546 Abs. 1 BGB zur geräumten Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung zum 31.03.2007 verpflichtet. Denn die Klägerin hat das bestehende Mietverhältnis zu diesem Zeitpunkt durch ihre hilfsweise ausgesprochene fristgemäße Kündigung vom 22.08.2006 rechtswirksam beendet. Die ordentliche fristgemäße Kündigung ist wirksam. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Denn der Beklagte hat seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Er ist mit der Zahlung titulierter Ansprüche der Klägerin auf Nachzahlung von Nebenkosten in Höhe von insgesamt 1378,82 € (836,00 € abzüglich am 10.08.05 gezahlter 80,00 €, am 14.10.05 gezahlter 100,00 € und am 19.12.05 gezahlter 50,00 € aus dem gerichtlichen Vergleich vom 01.07.05 sowie 772,82 € aus dem Versäumnisurteil vom 14.07.06) sowie mit einer vollständigen Mietzahlung sowie einer weiteren teilweisen Mietzahlung im Rückstand. § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB umfasst – anders als § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB – auch Mietrückstände, die aus nicht periodisch wiederkehrenden Zahlungsverpflichtungen herrühren. Das Erheblichkeitskriterium ist dabei bei der Kündigung wegen einer rückständigen Betriebskostennachzahlung bereits dann erfüllt sein, wenn der Zahlungsverzug der Höhe nach einer Monatsmiete entspricht und die Forderung länger als einen Monat fällig ist. Vorliegend besteht ein Zahlungsverzug des Beklagten mit einem Gesamtbetrag, der insgesamt deutlich mehr als zwei Monatsmieten beträgt und bereits seit mehr als einem halben Jahr besteht. Dieser Betrag ist jedenfalls so erheblich, dass ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses zu bejahen ist. Unerheblich ist dabei, dass der Beklagte gegen die Nebenkostenforderung aus 2004 einwendet, dass er diese als nicht nachprüfbar zurückgewiesen habe, da der Berechnungsschlüssel nicht nachvollziehbar sei. Denn der Beklagte ist insoweit rechtskräftig zur Zahlung der Nebenkostenforderung durch das Versäumnisurteil vom 14.07.2006 verurteilt worden. Der Beklagte ist daher mit seinen Einwendungen gegen die Richtigkeit der dem Titel zugrunde liegenden Nebenkostenabrechnung ausgeschlossen. Den Beklagten trifft schließlich ein Verschulden an dem Zahlungsrückstand. Er hat nicht dargelegt, dass er die Zahlungsverzögerungen aufgrund unverschuldeter wirtschaftlicher Schwierigkeiten wie etwa Arbeitslosigkeit oder Krankheit nicht zu vertreten hat.

Das Mietverhältnis endet zum 31.03.3006. Gem. § 573 c Abs. 1 BGB ist die Kündigung spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig und verlängert sich für den Vermieter nach 5 Jahren seit der Überlassung des Wohnraums um drei Monate. Das Mietverhältnis zwischen den Parteien besteht bereits seit sechs Jahren. Die Kündigungserklärung der Klägerin vom 22.08.2006 ist dem Beklagten am 14.09.2006 zugestellt worden, sodass die sechsmonatige Kündigungsfrist zum 31.03.2007 abläuft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Haupt- und Hilfsantrag betreffen denselben Gegenstand. Eine Wertaddition im Rahmen der Streitwertfestsetzung findet nicht statt. Im Hinblick auf den festgesetzten Gebührenstreitwert unterliegt der Beklagte vollumfänglich.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 7, 711 S. 1 ZPO.

Streitwert: 3.374,52 €