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Kanzlei Tykwer & Kirsch
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Oberlandesgericht Hamm, 10 U 76/16 / 13.07.2017

Tenor:

Auf die Berufung der Klägerin wir das am 06.09.2016 verkündete Urteil der 12. Zivilkammer des Landgerichts Dortmund abgeändert.

Es wird festgestellt,  dass das durch Frau H2, geb. L, geb. am ##.##.1920, am ##.##.2007 vor dem Notar D mit dem Amtssitz in P unter dessen Urkundenrolle Nr. ###/2007 errichtete Testament unwirksam ist.

Es wird weiter festgestellt, dass die von der Erblasserin Frau H2, geb. L, geb. am ##.##.1920, und dem Beklagten abgeschlossenen notariellen Schenkungsverträge

a) vom ##.##.2007, Urkunde des Notars D mit dem Amtssitz in P, Urkundenrolle Nr. ###/2007, über 20.000,-- Euro,

b) vom ##.##.2007, Urkunde des Notars D mit dem Amtssitz in P, Urkundenrolle Nr. ###/2007, über 80.000,-- Euro sowie

c) vom ##.##.2008, Urkunde des Notars Dr. C2 mit dem Amtssitz in L, Urkundenrolle Nr. ###/2008 über 60.000,-- Euro,

unwirksam sind.

Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte kann die Vollstreckung wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägern vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von jeweils 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

                                                  Gründe :

I.

Die Parteien streiten um die Erbfolge nach der am ##.##.1920 geborenen und am ##.##.2013 verstorbenen Erblasserin H2, geb. L.

Die Erblasserin war mit dem am ##.##.1972 vorverstorbenen Dr. H3 verheiratet. Die Eheleute Dr. H3 und H2 hatten zwei Kinder, den Beklagten und den am ##.##.2007 verstorbenen Dr. H. Der bereits verstorbene Sohn war mit der gesetzlichen Vertreterin der  Klägerin verheiratet. Die während der Ehe am ##.##.2002 geborene Klägerin ist ein leibliches Kind der Frau H4. Ihr Ehemann Dr. H hatte die Klägerin am ##.##.2005 gem. §§ 1741 II 2 2.Alt., 1754 I 2.Alt., 1755 II BGB adoptiert (AG Kamen, 10 XVI 14/04, Bl. 56).

Die Erblasserin errichtete am ##.##.1967 zusammen mit ihrem Ehemann Dr. H3  H ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament. In diesem setzten sie sich gegenseitig zu Alleinerben ein. Weiter heißt es dort :

„Dem Überlebenden wird die Verpflichtung auferlegt, dafür zu sorgen, daß nach seinem Tode der Sach- und Grundbesitz gerecht an beide Söhne vererbt wird. Der Grundbesitz soll nicht höher belastet werden, als er zur Zeit der Übernahme belastet ist - ausgenommen besondere Notzeiten ( ….) und dann nur nach Rücksprache mit den beiden Söhnen. Die alten ererbten Möbel … dürfen nur in der Familie weitervererbt werden und niemals verkauft werden, auch nicht von unseren Söhnen.“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Testamentsurkunde vom ##.##.1967  (AG Kamen, 8 IV 84/13, Bl. 59) Bezug genommen.

Die Erblasserin erteilte ihren beiden Söhnen am ##.##.2002 eine Vorsorgevollmacht.

Sie wohnte zu dem Zeitpunkt noch in ihrem Haus L2 in L3, An der C-Straße.##. Zum 03.09.2004 zog sie gesundheitsbedingt in das Altenpflegeheim Haus W in L3. Zeitgleich wurde ihr die Pflegestufe II zuerkannt. In dem Pflegeheim lebte  die Erblasserin bis zu ihrem Versterben im Januar 2013.

Am 07.09.2004 stellten der Beklagte und sein Bruder beim Amtsgericht Kamen den Antrag, eine Betreuung für ihre Mutter im Bereich Vermögenssorge  einzurichten. Sie fügten ihrem Antrag ärztliche Stellungnahmen bei, aus denen hervor ging, dass die Erblasserin an einer mittelschweren Demenz vom Alzheimertyp litt.

Mit Beschluss vom 08.09.2004 ordnete das Betreuungsgericht mit sofortiger Wirkung eine Betreuung  für Vermögensangelegenheiten wegen fortgeschrittener Alzheimer Demenz an und bestimmte die beiden Söhne zu gemeinsamen Betreuern. Mit Beschluss vom 30.09.2004 wurden die  beiden Söhne der Erblasserin zu gemeinsamen Betreuern bestellt. Auf die Betreuungsakte ( AG Kamen, 10 XVII 395/04, Bl.10 ff, 18 und 29) wird verwiesen.

Mit notariellem Vertrag vom ##.##.2006 verkauften die Söhne der Erblasserin als ihre Betreuer das Grundstück L2, An der C-Straße.## in L3 zu einem Preis von 350.000,-€. Mit Beschluss vom 03.05.2006 bestellte das Betreuungsgericht den Zeugen Rechtsanwalt  N2 als Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung der Interessen der Betreuten wegen der Veräußerung des Grundstücks. Mit weiteren Beschluss des Betreuungsgerichts vom 28.06.2006 wurden die Erklärungen der beiden Betreuer im Vertrag vom 06.04.2006 vormundschaftsgerichtlich genehmigt.

Nach dem Versterben des Sohnes der Erblasserin Dr. H am ##.##.2007 bestellte das Betreuungsgericht mit Beschluss vom 14.03.2007 den Beklagten  zum alleinigen Betreuer seiner Mutter für den Bereich Vermögensangelegenheiten (AG Kamen, 10 XVII 395/04, Bl.111).

Am 23.03.2007 errichtete die Erblasserin in dem Pflegeheim vor dem Notar D zur Urkundenrolle ###/2007 ein notarielles Testament. In diesem setzte sie zu ihrem Alleinerben den Beklagten ein. Ein Anfechtungsrecht nach § 2079 BGB schloss sie ausdrücklich aus. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Testamentsurkunde vom 23.03.2007 (AG Kamen, 8 IV 84/13, Bl.41 ff) Bezug genommen.

Anschließend beurkundete der Zeuge D am 23.03.2007 zwei Schenkungsverträge zwischen der Erblasserin und dem Beklagten. Mit dem ersten Vertrag (UR-Rolle ###/2007) schenkte die Erblasserin ihrem Sohn eine Forderung in Höhe von 20.000,-€ und mit dem zweiten Vertrag (UR-Rolle ###/2007) einen Betrag in Höhe von 80.000,-€. Auf die Vertragsurkunden (AG Kamen 10 XVII 395/04, Bl.131/132 und 156/157) wird Bezug genommen.

Am 23.08.2008 schlossen die Erblasserin und der Beklagte vor dem Notar Dr. C2 zur Urkundenrolle 283/2008 einen weiteren Schenkungsvertrag. Die Erblasserin schenkte dem Beklagten einen Geldbetrag in Höhe von 60.000,-€. Auf die Vertragsurkunde  (AG KAMEN 10XVII 395/04, Bl.225 ff) wird Bezug genommen.

Mit  notariellem Vertrag vom 15.01.2009, beurkundet wiederum vom Notar Dr. C2, gewährte die Erblasserin dem Beklagten ein Darlehen über 35.000,-€.

In der Folgezeit ordnete das Betreuungsgericht gegenüber dem Beklagten als Betreuer eine Rechnungslegung an, nachdem es Vermögensverschiebungen zu seinen Gunsten festgestellt hatte. Im Februar 2009 besaß die Erblasserin noch ein vermietetes Mehrfamilienhaus in V und Barvermögen in Höhe von 25.000,-€ (vgl. AG KAMEN 10 XVII 395/04, Bl. 219).

Mit Beschluss vom 11.09.2009 ordnete das Betreuungsgericht die Aufrechterhaltung der Betreuung für den Bereich Vermögensangelegenheiten an. Zur Begründung führte es aus, dass die Erblasserin nach der Stellungnahme des Sachverständigen Dr. T an einer weiter fortgeschrittenen Demenz litt (AG KAMEN 10 XVII 395/04, Bl. 192).

Am 23.07.2010 ordnete das Betreuungsgericht eine fachärztliche Begutachtung der Erblasserin an. Nach der gutachterlichen Stellungnahme des durch  Dr. med. J. C2 vom 06.08.2010 war die Demenzerkrankung der Erblasserin zum diesem Zeitpunkt so weit fortgeschritten, dass aus ärztlicher Sicht eine Geschäftsunfähigkeit bestand. Auf das Gutachten wird verwiesen (AG KAMEN 10 XVII 395/04, Bl. 233 ff).

Am 07.09.2012 ordnete das Betreuungsgericht eine Ergänzungsbetreuung an und bestellte Rechtsanwalt Q wegen der Unregelmäßigkeiten zum Ergänzungsbetreuer. Am ##.##.2013 verstarb die Erblasserin.

Zu ihrem Nachlass gehört das Mehrfamilienhaus in Unna, F-Straße. Der Beklagte hat nach dem Erbfall dieses Grundstück auf sich als Alleineigentümer umschreiben lassen. Insoweit erwirkte die Klägerin am 06.06.2013 eine einstweilige Verfügung, die es dem Beklagten untersagt, über diesen Grundbesitz ohne ihre Zustimmung zu verfügen (LG Dortmund, 12 O 152/ 13). Weiteres Barvermögen soll nicht mehr vorhanden sein, die auf dem Nachlass lastenden Verbindlichkeiten sollen sich auf über 90.000,-€ belaufen.

Im vorliegenden Verfahren hat die Klägerin mit ihren Hauptanträgen die Feststellung begehrt, dass das von der Erblasserin am 23.03.2007 errichtete Testament sowie die am 23.07.2007 und 23.05.2008 beurkundeten Schenkungsverträge unwirksam sind. Hilfsweise hat die Klägerin im Wege einer Stufenklage einen Pflichtteils – und Pflichtteilsergänzungsanspruch nach der Erblasserin verfolgt.

Die Klägerin hat behauptet, die Erblasserin sei am 23.03.2007 bereits an einer weit fortgeschrittenen Demenz erkrankt und deshalb testier- und geschäftsunfähig gewesen. Wegen der Demenzerkrankung sei im Herbst 2004 eine umfassende Betreuung angeordnet worden. Bereits der am 06.04.2006 beurkundete Grundstückskaufvertrag sei deshalb von den Betreuern abgeschlossen worden und habe der betreuungsgerichtlichen Genehmigung bedurft. Im Jahr 2007 habe die Erblasserin aufgrund ihrer geistigen Erkrankung kein Testament mehr rechtswirksam errichten können. Sie sei nicht mehr in der Lage gewesen, die Tragweite ihrer Anordnung zu überblicken und sich ein Urteil frei von Einflüssen Dritter zu bilden. Gleiches gelte für die in den Jahren 2007 und 2008 zu Gunsten des Beklagten abgeschlossenen Schenkungsverträge.

Zudem hat die Klägerin die Auffassung vertreten, das Ehegattentestament vom 02.11.1967 enthalte eine wechselbezügliche Erbeinsetzung der Söhne und sei für die Erblasserin nach dem Tod ihres Ehemannes bindend gewesen. Diese letztwillige Verfügung habe sie auch zu Lasten der Klägerin nicht mehr einseitig abändern können.

Der Beklagte hat behauptet, nach dem Tod seines Bruders sei es der Wunsch der Erblasserin gewesen, ein eigenes Testament zu errichten. Erst nach dem Tod seines Bruders habe er erstmalig von der Adoption der Klägerin erfahren. Das Betreuungsverfahren sei im Jahr 2004  eingeleitet worden, weil die Erblasserin mit der Grundstücksverwaltung überfordert gewesen sei. Damals sei sie aber noch vollständig orientiert und geistig klar gewesen, wie die seinerzeitigen Vermerke des Verfahrenspflegers und des Pflegedienstleiters belegten. Bei Errichtung ihres Testaments sowie der weiteren Verträge sei sie uneingeschränkt geschäfts- und testierfähig gewesen. Selbst das Betreuungsgericht habe keine Veranlassung gesehen, einen Einwilligungsvorbehalt, § 1903 BGB, anzuordnen. Bis in das Jahr 2009 sei die Erblasserin noch in der Lage gewesen, ihren Willen frei und völlig realistisch zu bestimmen. Erst ab August 2010 sei entsprechend dem ärztlichen Gutachten im Betreuungsverfahren von einer Geschäftsunfähigkeit auszugehen.

Den Hilfsantrag auf erster Stufe (Auskunftserteilung und Wertermittlung über den Nachlass) hat der Beklagte unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt.

Das Landgericht hat zur Frage der fehlenden Testier- bzw. Geschäftsfähigkeit Beweis erhoben durch Einholung eines psychiatrischen Sachverständigengutachtens. Auf das schriftliche Gutachten des Dr. med. E vom 30.09.2014 und seine ergänzende Anhörung im Termin am 19.01.2015 wird verwiesen. Weiter hat  das Landgericht zu der Beweisfrage die beurkundenden Notare D und Dr. C2 vernommen. Auf das Verhandlungsprotokoll vom 19.01.2015 (Bl. 223 ff d.A.) wird Bezug genommen.

Mit Teilanerkenntnis- und Teilurteil vom 06.09.2016 hat das Landgericht die Hauptanträge abgewiesen und dem anerkannten Hilfsantrag auf erster Stufe stattgegeben.

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt :

Es könne nicht festgestellt werden, dass das von der Erblasserin am 23.03.2007 vor dem Notar D errichtete Testament unwirksam sei. Zunächst folge eine Unwirksamkeit nicht aus früheren wechselbezüglichen Verfügungen im Ehegattentestament vom 02.11.1967. Darüberhinaus habe das Gericht nach dem Ergebnis der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme Zweifel, dass die Erblasserin am 23.03.2007 testierunfähig gewesen sei. Das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. med. E gehe von einer unzutreffenden Ausgangsbasis aus, dass nämlich das Betreuungsgericht bei der Betreuerbestellung im September 2004 eine Geschäftsunfähigkeit der Erblasserin angenommen habe. Auch habe das Betreuungsgericht hierüber keine förmliche Beweisaufnahme und keine persönliche Anhörung durchgeführt. Die vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen seien widersprüchlich, da einerseits von einer Alzheimerdemenz und andererseits von einer ausgeprägten demenziellen Erkrankung vom Mischtyp die Rede sei. Hinzukomme, dass der Zeuge Dr. C2 ein normgerechtes Verhalten der Erblasserin bei seinen Beurkundungen bezeugt habe. Nach alledem habe die Klägerin den ihr obliegenden Vollbeweis für eine Testierunfähigkeit am 23.03.2007 nicht erbringen können. Aus denselben Erwägungen könne auch keine Geschäftsunfähigkeit bei den Vertragsabschlüssen am 23.03.2007 oder 23.05.2008  festgestellt werden.

Wegen der weiteren Begründung wird ergänzend auf die angefochtene Entscheidung (Bl. 280 ff d.A.) Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Sie rügt eine unzutreffende Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung.

Sie hält das Testament vom 23.03.2007 schon deshalb für unwirksam, weil der neuen Testierung das Ehegattentestament vom 02.11.1967 entgegenstehe. Hierin seien die beiden Söhne verbindlich als Schlusserben zu gleichen Teilen eingesetzt worden. Dadurch sei die Erblasserin gehindert gewesen, nach dem Tod ihres Ehemannes anderweitig zu testieren.

Zudem sei die Erblasserin zumindest ab dem 23.03.2007 geschäfts- und testierunfähig gewesen. Dies entspreche dem Gutachten des Sachverständigen Dr. med. E unter Berücksichtigung der ärztlichen Stellungnahmen des die Erblasserin in den Jahren 2003/04 behandelnden Neurologen Dr. med. G. Die von diesem Facharzt festgestellten Befunde belegten schon im Jahr 2003 eine mittelgradige Alzheimer Demenz, die ein Jahr später deutlich fortgeschritten sei. Schon im Herbst 2004 sei die Erblasserin danach nicht mehr geschäftsfähig gewesen. Erhärtet werde dieser Befund durch die vorgelegten Pflegedokumentationen für die Jahre 2007/ 2008, die belegten, dass die Erblasserin ständig hinsichtlich in Ort und Zeit desorientiert und nicht mehr fähig gewesen sei, sich in ihren Lebenssituationen allein zurecht zu finden. Der Aussage des Zeugen Dr. C2 könne nicht gefolgt werden. Seine Erinnerungsfähigkeit an Vorgänge, die fast sieben Jahren zurück lägen, sei unglaubhaft und stimme auch nicht mit der Wirklichkeit überein. Selbst wenn dieser Zeuge die von ihm bekundeten Wahrnehmungen gehabt habe, würde dies den eindeutigen ärztlichen Befunden entgegenstehen. Die vom erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Beweiswürdigung sei fehlerhaft, weil es die maßgeblichen Gesichtspunkte ausgeblendet worden seien.

Die Klägerin beantragt,

unter teilweiser Abänderung des landgerichtlichen Urteils

1.

festzustellen, dass das durch Frau H2, geb. L, geb. am ##.##.1920, am 23.03.2007 vor dem Notar D mit dem Amtssitz in V unter dessen Urkundenrolle Nr. ###/2007 errichtete Testament unwirksam ist,

hilfsweise festzustellen, dass die Klägerin mit einem Anteil von ½ an der Erbengemeinschaft nach der am 26.01.2013 verstorbenen Frau H2, geb. L, geb. am ##.##.1920, beteiligt ist,

festzustellen, dass die von der Erblasserin Frau H2, geb. L, geb. am ##.##.1920, und dem Beklagten abgeschlossenen notariellen Schenkungsverträge,

a)

vom 23.03.2007, Urkunde des Notars D mit dem Amtssitz in V, Urkundenrolle Nr. ###/2007, über 20.000,-- Euro,

b)

vom 23.03.2007, Urkunde des Notars D mit dem Amtssitz in V, Urkundenrolle Nr. ###/2007, über 80.000,-- Euro sowie

c)

vom 23.05.2008, Urkunde des Notars Dr. C2 mit dem Amtssitz in L3, Urkundenrolle Nr. ###/2008 über 60.000,-- Euro,

unwirksam sind.

Der Beklagte beantragt,

              die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt die angefochtene Entscheidung.

Er ist der Ansicht, die Erblasserin sei nicht an das Ehegattentestament gebunden gewesen. Hierin sei keine Gleichbehandlung der Söhne festgeschrieben worden. Dem Testament der Eltern könne nur der Wille entnommen werden, einen Familienfremden nicht zu begünstigen. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass nach dem im Jahre 1967 geltenden Adoptions- und Erbrecht die Klägerin nicht erbberechtigt nach der Mutter ihres Adoptivvaters  gewesen sei.

Die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Gerichts sei nicht zu beanstanden, eine Testierunfähigkeit am 23.03.2007 sei nicht sicher nachgewiesen worden. Nach den Aussagen der beurkundenden Notare D und Dr. C2 seien bei der Erblasserin bei den Beurkundungen keine Auffälligkeiten zu verzeichnen gewesen. Selbst der Pflegedienstleiter habe Ende 2006  bestätigt, dass dies Erblasserin den Inhalt eines mit ihm geführten Gesprächs über ein Darlehen verstanden habe. Aus der Perspektive der Erblasserin sei es nach dem Tod ihres Sohnes K nur noch um die Begünstigung des ihr einzig verbliebenen Familienstammes des Beklagten gegangen. Auch die Betreuungsrichterin habe unter dem 11.09.2009 niedergelegt, dass ein Gespräch mit der Erblasserin damals noch gut möglich gewesen sei.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen N, D und Dr. med. G sowie durch eine ergänzende Anhörung des Sachverständigen Dr. med.  E. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll und den Berichterstattervermerk vom 22.06.2017 (Bl. 448-451 und 452-459 d.A.) verwiesen.

Die Akten des Landgerichts Dortmund, 12 O 152/13, und des Amtsgerichts L3, 10 XVII 395/04, 10 XVI 14/04, 8 IV 84/13, 8 VI 304/13, 8 VI 358/13, sind beigezogen worden und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig und in der Sache begründet. Sie führt unter Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zur Stattgabe der klägerischen Hauptanträge auf Feststellung der Unwirksamkeit des am 23.07.2007 errichteten Testaments der Erblasserin und der im Tenor näher bezeichneten Schenkungsverträge vom 23.07.2007 und vom 23.05.2008.

1.

Das vor dem Notar, dem Zeugen D, unter dessen Urkundenrolle Nr. /2007 von der Erblasserin am 23.03.2007 errichtete Testament ist nicht irksam.

a)

Zwar ist die dort verfügte Einsetzung des Beklagten zum Alleinerben nicht schon wegen der früheren Anordnungen in dem gemeinschaftlichen Testament der Eheleute Dr. H3 und H2 vom 02.11.1967 entsprechend § 2289 I 2 BGB unwirksam.

aa)

Es ist schon zweifelhaft, ob dem Ehegattentestament vom 02.11.1967 eine verbindliche Schlusserbeneinsetzung der beiden Söhne zu gleichen Teilen überhaupt entnommen werden kann.

In diesem Testament haben die Eheleute ihre Söhne gerade nicht als Erben des zuletzt Versterbenden von ihnen eingesetzt. „Dem Überlebenden“ ist durch das Testament lediglich „die Verpflichtung auferlegt“ worden, „dafür zu sorgen, daß nach seinem Tode der Sach- und Grundbesitz gerecht an beide Söhne vererbt wird.“ Damit haben die Eheleute die Erbfolge nach dem zweiten Erbfall bewusst noch offen gehalten.

Dem verwendeten Begriff  „gerecht“ kann nicht entnommen werden, dass die Erblasser  bereits damals die spätere Erbfolge der Söhne zu gleichen Teilen verbindlich regeln wollten. Die zitierte Formulierung spricht eher dafür, dass der überlebende Ehegatte später neu beurteilen sollte, welche Verteilung an die nächste Generation für ihn tatsächlich als gerecht erschien. Insoweit ist der Fall nicht mit der dem Rechtsstreit –  Landgericht Heidelberg; AZ: 3 O 100/15 – zugrunde liegenden Konstellation vergleichbar, in der Eheleute testiert hatten, dass der Nachlass nach dem Längstlebenden von ihnen „anteilsmäßig unter unseren Abkömmlingen recht verteilt wird“ (vgl. Bl. 351 d.A.).

bb)

Selbst wenn dem Testament eine Schlusserbeneinsetzung der beiden Söhne  entnommen werden sollte und diese nach der gesetzlichen Auslegungsregel des § 2270 II BGB als  wechselbezügliche Verfügung aufzufassen wäre, folgt hieraus nicht, dass die Erblasserin auch an die Ersatzerbfolge der Adoptivtochter ihres Sohnes gem. § 2271 II BGB gebunden war.

In dem Ehegattentestament vom 02.11.1967 ist keine Regelung für den Fall des Vorversterbens der Söhne getroffen worden. Zwar greift in einem solchen Fall die Auslegungsregel des § 2069 BGB, wonach dann, wenn ein Abkömmling bedacht worden ist und dieser nach der Testamentserrichtung wegfällt, im Zweifel anzunehmen ist, dass nunmehr sein Abkömmling, das wäre hier gem. § 1754 I 2.Alt. BGB die Adoptivtochter, bedacht ist. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine Bindung an diese allein aus § 2069 BGB folgende Ersatzerbenberufung unter Anwendung des § 2270 II BGB aber nur dann gegeben, wenn sich aus einer individuellen Auslegung ein Wille der Erblasser für eine solche Ersatzerbeneinsetzung feststellen lässt (vgl. BGH, Urt.v. 16.01.2002, IV ZB 20/01; Palandt-Weidlich, 76.Aufl., § 2270 BGB Rz.10).

Anhaltspunkte für einen Willen der Eheleute Dr. H3 und H2, die spätere Adoptivtochter ihres Sohnes L-I-K im Falle seines Vorversterbens zu begünstigen, sind aber in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Errichtung ihres Testament im November 1967 nicht festzustellen.

Dabei fällt ins Gewicht, dass die Eheleute H die Klägerin schon deshalb nicht in ihre Überlegungen mit einbeziehen konnten, weil diese erst Jahrzehnte später - am ##.##. 2002 - geboren und wiederum drei Jahre später von ihrem Sohn adoptiert worden ist. Hinzukommt, dass die gem. § 1754 I 2.Alt. BGB eingetretene Rechtsfolge der Adoption nicht der damaligen Rechtslage entsprochen hat. Erst ab dem 01.01.1977 – also fast 10 Jahre nach Errichtung des privatschriftlichen Testaments – ist das Adoptionsrecht umfassend neu geregelt worden mit der Folge, dass nun ein Adoptivkind auch nach den weiteren Verwandten des Adoptivvaters erbberechtigt ist, was vorher nicht der Fall war.

Vor diesem Hintergrund ist auszuschließen, dass die Eheleute H bei ihrer Testierung im Jahr 1967 ein späteres, nicht leibliches Kind ihres Sohnes und damit einen für sie nach damaliger Anschauung Familienfremden für den hier eingetretenen Fall des Vorversterbens eines möglichen Schlusserben ersatzweise begünstigen wollten.

b)

Die in dem Testament vom 23.03.2007 bestimmte Alleinerbfolge des Beklagten ist aber deshalb unwirksam, weil die damals bereits 86-jährige Erblasserin nicht mehr testierfähig gewesen ist.

aa)

Gem. § 2229 IV BGB ist derjenige testierunfähig, der wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegeben Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Danach liegt ein Ausschluss der freien Willensbildung vor, wenn jemand aufgrund einer geistigen Erkrankung nicht mehr imstande ist, seinen Willen frei und unbeeinflusst von der vorliegenden Geistesstörung zu bilden und nach den gewonnenen Einsichten zu handeln. Abzustellen ist darauf, ob eine freie Entscheidung nach Abwägung des Für und Wider bei sachlicher Prüfung der in Betracht kommenden Gesichtspunkte möglich ist und ob umgekehrt von einer freien Willensbildung deshalb nicht mehr gesprochen werden kann, weil etwa infolge der Geistesstörung die Einflüsse dritter Personen seinen Willen übermäßig beherrschen oder weil die Willensbildung durch unkontrollierbare Triebe oder Vorstellungen ausgelöst wird ( vgl. BayObLG FamRZ 2000, 701; 2002, 1066; 2006, 68; OLG München FamRZ 2007, 274 sowie Juris-PK-Bauermeister, 7. Aufl.,  § 2229 BGB Rz. 12;  Palandt-Weidlich, § 2229 BGB Rz.8 ff).

Eine nach dem Schwierigkeitsgrad einer letztwilligen Verfügung abgestufte Testierfähigkeit wird von der Rechtsprechung nicht anerkannt. Auch geht es im Rahmen des § 2229 IV BGB nicht darum, den Inhalt einer letztwilligen Verfügung auf seine Angemessenheit hin zu beurteilen. Vielmehr kommt es darauf an, ob es einem  Erblasser noch möglich war, sich an Sachverhalte und Ereignisse zu erinnern, Informationen aufzunehmen, Zusammenhänge zu erfassen und eine Abwägung des Für und Widers sachgerecht vorzunehmen (vgl. OLG München FamRZ 2014, 127- Juris-Rz. 10; FamRZ 2007, 2009 – Juris-Rz. 18; MünchKomm-Hagena, 7. Aufl., § 2229 BGB Rz. 15).

Bei dem Krankheitsbild einer Altersdemenz oder einer Cerebralsklerose sind Feststellungen nur aufgrund des Gesamtverhaltens und des Gesamtbildes der Persönlichkeit zur Zeit der Testierung möglich.  Bei einer fortschreitenden mittelschweren Demenz, die degenerativer und nicht nur vaskulärer Art ist, liegt die Annahme einer eingeschränkten Einsichts-fähigkeit i.S.v.  § 2229 IV BGB im Regelfall nahe (vgl. BayObLG FamRZ 1996, 566; 1997, 1511; Palandt, a.a.O. Rz. 9). Ist danach eine Testierunfähigkeit anzunehmen, obliegt es der Gegenseite nachzuweisen, dass im konkreten Fall ausnahmsweise ein klarer, sog. lichter Augenblick des Erblassers in Betracht kommt. Praktisch ausgeschlossen ist ein solches luzides Intervallum bei chronisch- progredienten Störungen der Geistestätigkeit mit einem degenerativen fortschreitenden Abbbauprozess, so wie er bei einer Demenz vom Alzheimertyp gegeben ist (OLG München FamRZ 2014, 246 ff- Juris-Rz.19;  Juris-PK – Baumeister, a.a.O. Rz. 14; MünchKomm-Hagena, 7. Aufl., § 2229 BGB Rz. 62).

bb)

Unter Zugrundelegung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien ist der Klägerin der ihr obliegende Beweis gelungen, dass die Erblasserin bei Errichtung des Testaments am 23.03.2007 nicht mehr testierfähig gewesen ist. Nach dem Ergebnis der  Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, dass die Erblasserin aufgrund einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung vom Alzheimertyp nicht mehr in der Lage war, die Bedeutung und die Tragweite der von ihr am 23.03.2007 gegenüber dem Notar, dem  Zeugen D, erklärten letztwilligen Verfügung einzusehen und nach einer solchen Einsicht zu handeln.

(1)

Dies folgt bereits aus dem erstinstanzlich eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. med.  E vom 30.09.2014, der nach Auswertung der ärztlichen Berichte und Stellungnahmen aus der Betreuungsakte zu dem Ergebnis gelangt ist, dass sich die Erblasserin „aufgrund einer ausgeprägten Demenz vom Alzheimer-Typ bereits im Mai 2006 in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand der Geistestätigkeit befunden hat“ und bei dieser Erkrankung „eine fortschreitende Verschlechterung und keine - auch nur  vorübergehende –Besserung des Geisteszustandes zu erwarten“. Somit habe „mit an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten – 23.03.2007 und 23.05.2008 – „Testierunfähigkeit bzw. Geschäftsunfähigkeit vorgelegen“ (so Gutachten vom 30.09.2014, S. 12/13).

Das Ergebnis seiner erstinstanzlichen Begutachtung hat der Sachverständige bei seiner ergänzenden Anhörung durch den Senat bestätigt.

Danach sei insbesondere nach den Angaben und Diagnosen des in der Berufungsinstanz erstmals vernommenen Zeugen Dr. med. G das Krankheitsbild einer fortgeschrittenen mittelgradigen Demenz weiter belegt worden. Nach dem von diesem fachkundigen Zeugen diagnostizierten Verlauf der Erkrankung habe es zwischen März 2003 und August 2004 eine deutliche Verschlechterung gegeben. Vor diesem Hintergrund sei auszuschließen, dass die Erblasserin die Tragweite und Bedeutung des am 23.03.2007 errichteten Testaments und der am 23.03.2007 und 23.05.2008 abgeschlossenen Schenkungsverträge verstanden und ein Für und Wider der getroffenen Verfügungen habe abwägen können. Zu einer solchen freien Willensbildung sei die Erblasserin nicht mehr fähig gewesen, selbst wenn sie sich an ihr früheres, zusammen mit ihrem Ehemann im Jahr 1969 errichtetes, Testaments erinnert habe. Denn selbst dann sei sie aufgrund ihrer fortgeschrittenen Demenzerkrankung nicht mehr in der Lage gewesen, auf Grundlage einer Erinnerung die Verteilung des Nachlasses neu abzuwägen und einen dahingehenden Willen frei zu bilden. Nach der von dem Zeugen Dr. med. G im Jahr 2004 gestellten Diagnose sei es auszuschließen, dass sich der Geisteszustand der Erblasserin wenige Jahre später verbessert habe. Bei dem Krankheitsbild der Erblasserin habe die Alzheimerdemenz mit einem progredienten Verlauf im Vordergrund gestanden und nicht etwaige durch einen früheren Infarkt erlittene, gefäßbedingte Schäden. Soweit mit zunehmenden Alter gefäßbedingte Erkrankungen noch hinzugekommen seien, hätte dies die Demenzerkrankung weiter erschwert, eine Verbesserung der bereits im Jahr 2004 diagnostizierten mittelgradigen Demenzerkrankung sei auszuschließen.

Der Senat schließt sich den überzeugenden und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. E aus eigener Überzeugung an. Der Sachverständige verfügt als Arzt für Psychiatrie, Psychoanalyse und Psychotherapie sowie als anerkannter Sachverständiger für forensische Psychiatrie über die erforderliche Fachkompetenz zur Beurteilung der Beweisfrage. Die zum Krankheitsbild der Erblasserin vorliegenden ärztlichen Berichte und Stellungnahmen hat der Sachverständige ebenso wie die Dokumentation des Pflegeheims für die Jahre 2007/2008 und die in beiden Instanzen gewonnenen Zeugenaussagen umfassend gewürdigt und sachgerecht ausgewertet.

(2)

Soweit das erstinstanzliche Gericht dem Sachverständigen vorgeworfen hat, sein schriftliches Gutachten beruhe auf Fehleinschätzungen zum geltenden Betreuungsrecht, wirkt sich dies auf das im Senatstermin bestätigte Begutachtungsergebnis nicht aus.

Zwar ist es zutreffend, dass allein die mit Beschluss vom 08.09.2004 vom Betreuungsgericht gem. § 1896 BGB angeordnete Betreuung der Erblasserin für Vermögensangelegenheiten nicht den Schluss auf eine bereits damals bestehende Testierunfähigkeit nahelegt. Auch betreute Personen gelten bis zum Beweis des Gegenteils als geschäfts- und testierfähig. Eine fehlende Geschäftsfähigkeit ist nicht Voraussetzung für die Anordnung einer Betreuung (vgl. Palandt, a.a.O., § 2229 BGB Rz. 5 und 11). Die hierzu vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom 30.09.2014 geäußerte Fehleinschätzung (vgl. Gutachten S. 9) war aber schon in erster Instanz nicht das tragende Gesichtspunkt, mit dem er sein Ergebnis begründet hat, dass die Erblasserin zu den hier maßgeblichen Zeitpunkten nicht mehr testier- bzw. geschäftsfähig gewesen ist. Vielmehr hat er schon bei seiner schriftlichen Begutachtung die Demenzerkrankung der Erblasserin maßgeblich auf die von ihm ausgewerteten Berichten der behandelnden Ärzte sowie auf den Inhalt eines vom Verfahrenspfleger Rechtsanwalt N in den Betreuungsakten wiedergegebenen Gesprächs vom 10.05.2006 gestützt, das deutlich aufzeige, dass die Erblasserin noch in „einer lange zurückliegenden Situation verhaftet und zu einer realistischen Einschätzung der veränderten Situation nicht in der Lage“ sei (Gutachten, S.11). Im Übrigen hat der Sachverständige nach dem bereits erstinstanzlich erfolgten Hinweis auf seine Fehleinschätzung ( vgl. Bl. 167 d.A.) den Umstand einer bereits seit Jahren eingerichteten Betreuung bei seinen gerichtlichen Anhörungen nicht mehr berücksichtigt, sondern sich allein auf die gewonnenen Zeugenaussagen und die vorliegenden Berichte und Pflegedokumentationen gestützt, so dass sich dies auf das Ergebnis seiner Begutachtung nicht ausgewirkt hat.

(3)

Das vom Sachverständigen gewonnene Ergebnis wird bestätigt durch die glaubhafte und in sich stimmige Aussage des Zeugen Dr. med. G, nach dessen Einschätzung die Erblasserin bereits im Sommer 2004 aufgrund einer mittelgradigen Demenz vom Alzheimertyp nicht mehr testier-und geschäftsfähig gewesen ist.

Bei dem Zeugen Dr. med. G  handelt es sich um den früheren Chefarzt der Neurologischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses in V, in dem die Erblasserin im März 2003 und August 2004 in stationärer Behandlung war. Auch wenn der Zeuge an die Patientin aufgrund des Zeitablaufs keine konkrete Erinnerung mehr hatte, vermochte er anhand der von ihm verfassten Berichte, insbesondere der Berichte vom 27.03.2003 und sowie 13.08. 2004 (Bl. 258-262 d.A.), das damals von ihm dokumentierte Krankheitsbild eindrucksvoll zu bestätigen. Danach habe es bei der Erblasserin bereits bei ihrem stationären Aufenthalt im März 2003 deutliche Anzeichen für eine demenzielle Erkrankung gegeben, weshalb weitergehende Untersuchungen durchgeführt worden seien. Ausweislich einer von dem Zeugen selbst durchgeführten neurologischen Untersuchung seien schon im März 2003 Störungen im Kurzzeitgedächntnis „mit Dissimulation und Konfabulationstendenz“ festzustellen gewesen, auch die Kritikfähigkeit der Erblasserin sei bereits eingeschränkt gewesen. Insgesamt diagnostizierte der Zeuge damals das Krankheitsbild einer „mäßig bis mittelgradigen Demenz“, die von ihm als eine „Alzheimer`sche Demenz mit spätem Beginn“ beurteilt worden ist (vgl. Bericht vom 27.03.2003, Bl. 259 d.A.). Demgegenüber seien auffällige Gefäßveränderungen, die eine vaskuläre Demenz nahelegt hätten, nach dem eingeholten Kernspinbefund nicht festzustellen gewesen. Die im März 2003 gewonnene Diagnose habe sich bei dem weiteren stationären Aufenthalt der Erblasserin im August 2004 verfestigt. Auch wenn der in dem Bericht vom 13.08.2004 erwähnte Bericht des Zeugen an den Kollegen Dr. med. I3 vom 06.08.2004 nicht mehr vorlag, konnte der Zeuge Dr. med. G anhand des weiteren Berichts nachvollziehbar bestätigen, dass nach den damaligen Untersuchungen eine deutliche Verschlechterungen der bereits im März 2003 festgestellten Demenzerkrankung zu verzeichnen gewesen sei. Nach der - ausweislich des Berichts vom 13.08.2004 von dem Zeugen Dr. med. G selbst durchgeführten -  neuropsychologischen Diagnostik seien „im Vergleich zur Voruntersuchung vom März 2003 nun ausgeprägte dementielle Beeinträchtigungen in Bezug auf Orientierung, Kurz- und Landzeitgedächtnis sowie kognitive Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie Visuokonstruktion“ sowie eine „deutliche Neigung zu Konfabulation“ festgestellt  worden. Zusammenfassend endet der Bericht vom 13.08.2004  mit der Diagnose eines zugenommenen demenziellen Prozesses „von einer überwiegend degenerativen Genese“  ( Bl.262 d.A.).

Dieses im August 2004 diagnostizierte Befundergebnis hat der Zeuge Dr. med. G anhand der ihm vorliegenden Berichte bestätigt und dahingehend präzisiert, dass bereits damals von einer ausgeprägten Alzheimerdemenz auszugehen gewesen sei, die als mittelgradige Demenz einzustufen sei. Aufgrund des von ihm an zwei verschiedenen Zeitpunkten sicher festgestellten Krankheitsbildes sei die Erblasserin nach seiner Einschätzung bereits im August 2004 nicht mehr testier- bzw. geschäftsfähig gewesen. Weil eine Demenz vom Alzheimertyp in ihrer Schwere verbleibe, könnten etwaige lichte Momente ausgeschlossen werden, so dass eine Verbesserung des Geisteszustandes der Erblasserin für einen späteren Zeitpunkt, wie im März 2007, nicht in Betracht zu ziehen sei (vgl. Berichterstattervermerk vom 22.06.2017).

Die Diagnosen des Zeugen stehen im Einklang mit den vorliegenden Pflegedokumentation für die Jahre 2007 / 2008 (Bl. 181 ff d.A.). Hieraus ist ersichtlich, dass die Erblasserin schon im Januar 2007 ständig an die Uhrzeit und die im Pflegeheim anstehenden Mahlzeiten erinnert werden musste ( Bl. 185,187 d.A.). Nach den Vermerken in der Pflegedokumentation von April 2007 war damals zwar ein „Sprachverständnis vorhanden,  die Erblasserin aber „zeitlich, örtlich und situativ desorientiert“ (Bl. 189 d.A.). Im weiteren Verlauf des Jahres 2007 ist notiert, dass sie nicht in der Lage war, ihre Körperpflege selbst zu durchzuführen und sich richtig anzukleiden, sowie dass Mahlzeiten und Flüssigkeitszufuhr vergessen wurden (Bl. 192,193 d.A.). Dem so beschriebenen Krankheitsbild steht nicht entgegen, dass die Erblasserin die Information über den Tod ihres am ##.##.2007 verstorbenen Sohnes K wohl verstanden hat. Insoweit fällt auf, dass nach der Pflegedokumentation der Beklagte sie erst am 14.03.2007, also eine Woche nach dem Tod des Sohnes, hierüber informiert und dabei das Pflegepersonal ausdrücklich gebeten hat, in den nächsten Tagen verstärkt auf seine Mutter zu achten (Bl. 188 d.A.). Auch legte der Beklagte ausdrücklich Wert darauf, dass seine Mutter nicht an der Beerdigung teilnimmt, und wies das Pflegepersonal an, ihr am folgenden Samstag keine Zeitung zu geben, damit sie Zeitpunkt und Ort der Beerdigungsfeier nicht erfahre (Bl. 199 d.A.). Eine solche Vorgehensweise - selbst wenn sie dem Wunsch des verstorbenen Bruders entsprochen haben sollte – belegt auch eine Rücksichtnahme auf die vom Zeugen Dr. med. G diagnostizierte Erkrankung einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung.

Der Senat hat keinen Anhalt, an dem Wahrheitsgehalt der in sich stimmigen und überzeugenden  Ausführungen des Zeugen Dr. med. G zu zweifeln, der aufgrund seiner langjährigen Berufserfahrung und medizinischen Sachkunde als Chefarzt einer Neurologischen Klinik in besonderem Maße zur Beurteilung des von ihm dokumentierten Krankheitsbildes der Erblasserin in der Lage ist. Durch seine Vernehmung ist auch der in erster Instanz noch zur Verwirrung führende Kurzbericht vom 08.09.2004 richtig gestellt worden. Soweit der Zeuge dort ausgeführt hat, die Erblasserin leide an „einer ausgeprägten dementiellen Erkrankung vom Mischtyp“ (vgl. AG KAMEN, 19 XVII 391/15, Bl. 22), hat er ersichtlich nicht gemeint, dass die in vorangegangenen Berichten diagnostizierte Demenzerkrankung vom Alzheimertyp von einer nur vorübergehenden Natur gewesen sei, zumal mit der Vorlage der ärztlichen Bescheinigung die Einrichtung einer dauerhaften und nicht nur vorübergehenden Betreuung erreicht werden sollte (vgl. AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 6 f, 20).

(4)

Das Beweisergebnis wird nicht durch die Aussagen der weiteren, zum damaligen  Gesundheitszustand der Erblasserin vernommenen, Zeugen widerlegt.

(a)

Zwar hat der vom Betreuungsgericht als Verfahrenspfleger bestellte Rechtsanwalt N2 ein Gespräch mit der Erblasserin am 11.05.2006 geschildert, von dem er positiv überrascht gewesen sei, weil eine längere Gesprächsführung  „noch gut möglich gewesen sei“ (vgl. Berichterstattervermerk vom 22.06.2017). Befragt zum damaligen Geisteszustand musste der Zeuge allerdings eingestehen, dass er diesen nicht beurteilen könne, weil er kein Arzt sei, und dass ihm die Äußerungen der Erblasserin betreffend den geplanten Hausverkauf und zu ihren Besuchen bei einer englischen Freundin doch sehr realitätsfremd erschienen seien.

Damit belegen die Angaben des Zeugen N, die er in seinem für das Betreuungsgericht am 11.05.2006 gefertigten Bericht festgehalten hat (vgl.AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl.84 ff), das vom Zeugen Dr. med. G festgestellte Krankheitsbild einer bereits im Jahr 2004 fortgeschrittenen Demenz vom Alzheimertyp, die mit einer deutlichen  Neigung zur Konfabulation einhergeht. Selbst wenn die Erblasserin bei der Anhörung am 11.05.2006 noch über ihren Immobilienbesitz informiert gewesen ist, dann schätzte sie ihre damalige Situation vollkommen falsch ein. So glaubte sie ausweislich des Berichts des Zeugen N, dass sie noch „sehr gut allein zurecht“ komme und sogar in ihr früheres Haus in L3 zurückkehren könne  (AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 85). Auch fabulierte sie über eine Englandreise aus dem vergangenen Jahr und über eine weitere Auslandsreise im nächsten Jahr, obwohl sie bereits seit 2004 dauerhaft in einem Pflegeheim mit einer anerkannten Pflegestufe II untergebracht war. Soweit sie ihr Haus in L3 auf keinen Fall verkaufen wollte, schätze sie ihre finanzielle Lage vollkommen falsch. Unstreitig reichte ihre monatliche Rente nebst den Mieteinnahmen aus dem Mehrfamilienhaus in V nicht aus, um die weiter anfallenden Pflege- und Unterbringungskosten zu bezahlen Eine Rückkehr in ihr früheres Haus in L3 war – selbst bei Inanspruchnahme ambulanter Pflege – ausgeschlossen. Nach der im Anschluss an das Gespräch vom Zeugen N eingeholte Stellungnahme des Pflegepersonals war es der Erblasserin bereits nicht mehr möglich, ihren Tagesablauf selbst zu organisieren. So konnte sie sich nicht mehr alleine waschen oder ankleiden, auch hortete sie Lebensmittel (vgl. AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl.86). Dies alles belegt einen mit einer fortgeschrittenen altersbedingten Demenz einhergehenden Realitätsverlust.

Soweit der Bericht des Zeugen N vom 11.05.2006 damit endet, dass die Erblasserin wohl „noch in der Lage zu sein scheint, ihren eigenen Willen zu äußern“, handelt es sich um eine Einschätzung eines Laien, welche die ärztlichen Diagnosen des Dr. med. G von März 2003 und August 2004 nicht zu entkräften vermag. Im Übrigen reicht die Äußerung eines eigenen  Willens für die Annahme einer Testierfähigkeit nicht aus. Hierfür muss der Betreffende zu einer kritikfähigen Auseinandersetzung mit aktuellen Problemstellungen in der Lage sein. Das war aber bei der Erblasserin, die sich aus irrationalen Gründen der Einsicht verweigerte, dass aufgrund ihres Gesundheitszustandes eine Rückkehr in ihr Haus in L3 nicht mehr in Betracht kam und die Verwertung der Immobilie zur Bestreitung ihrer Pflegekosten dringend notwendig war, nicht mehr der Fall.

(b)

Auch die Aussagen der Notare D und Dr. C2 stehen dem gewonnenen Beweisergebnis nicht entgegen.

Die Aussage des Notars D, der am 23.03.2007 das Testament und zwei Schenkungsverträge beurkundet hat, ist schon deshalb unergiebig, weil er keine konkrete Erinnerung an die Erblasserin hatte und nur allgemein bekunden konnte, dass – weil er nichts Anderweitiges vermerkt habe – der Zustand der Erblasserin wohl unauffällig gewesen sein müsse (vgl. Berichterstattervermerk von 22.06.2017). Auch soll dem Zeugen die bereits im Jahr 2004 angeordnete Betreuung  der Erblasserin nicht bekannt gewesen sein, so dass er insoweit kein Problembewusstsein hatte und vor den Beurkundungen weder das Pflegepersonal zum geistigen Zustand der Erblasserin befragt noch zuvor eine ärztliche Stellungnahme eingeholt hat. Auch zum Zustandekommen und Inhalt des Testaments konnte der Zeuge D nichts Konkretes erinnern. Insbesondere vermochte er nicht zu erklären, warum in dem von ihm beurkundeten Testament eine Klausel zum Ausschluss des Anfechtungsrecht gem. § 2079 BGB aufgenommen worden ist, obwohl doch – so die Erklärung des Beklagten im Senatstermin - mit der Erblasserin über die Adoption der Klägerin und damit über ihr gesetzliches Erbrecht gar nicht gesprochen worden sein soll.

Soweit der in erster Instanz als Zeuge vernommene Notar Dr. C2, der den Schenkungsvertrag am 23.05.2008 und einen Darlehensvertrag am 15.01.2009 im Pflegeheim beurkundet hat, ausgesagt hat, er habe sich „aufgrund eines längeren Gesprächs über die Geschäftsfähigkeit“ der Erblasserin selbst überzeugt und dies mit einem, von ihm selbst entwickelten „KLZ-Muster“ abgefragt (vgl. dazu : Bl. 227 d.A.), ist zu berücksichtigen, dass es sich bei einem Notar nicht um einen Universalgelehrten handelt, der nach seiner Ausbildung fähig ist, den Geisteszustand einer Person auch bei langjähriger Erfahrung im Notariat sicher zu beurteilen (vgl. dazu: MünchKomm-Hagena, a.a.O., Rz. 43).

Hinzukommt, dass bei einer Demenzerkrankung im fortgeschrittenen Stadium der Betroffene für einen medizinischen Laien noch geistig klar und orientiert wirken und nach außen noch eine intakte Fassade aufweisen und damit unauffällig erscheinen kann.

Dies hat der hierzu vernommene Zeuge Dr. med. G für die bei der Erblasserin diagnostizierte Erkrankung ausdrücklich bestätigt. Danach war bei ihr schon im März 2003 eine Tendenz zur Konfabulation festgestellt worden, die im August 2004 deutlich zugenommen hat. Das bedeutet, dass bei der Erblasserin trotz ihrer fortgeschrittenen Demenzerkrankung eine Fassade für Außenstehende aufrecht erhalten war, weil bestimmte Dinge ein Leben lang so gemacht worden und insoweit eingeübt waren. Die Erblasserin konnte sagen was sie wollte, so wie hier, dass sie ihren einzig verbliebenden Sohn begünstigen wollte. Eine solche Fassade ändert aber nichts daran, dass die Erblasserin nicht mehr fähig gewesen war, die vom Notar beurkundeten Rechtsgeschäfte in ihrer Bedeutung und Tragweite zu erfassen und das Für und Wider einer Entscheidung sachgerecht abzuwägen.

Im Übrigen steht der Eindruck des Notars Dr. C2 bei seinen Beurkundungen am 23.05.2008 und 15.01.2009 in Widerspruch zu dem Inhalt eines im selben Zeitraum gefertigten Protokoll des Rechtspflegers A, der die Erblasserin am 10.10.2008 persönlich im Rahmen des Betreuungsverfahrens angehört hat. Damals ging es um die Frage, ob das Mehrfamilienhaus in V verkauft werden sollte. Nach dem unmittelbar nach der Anhörung im Pflegeheim gefertigten Protokoll soll die Erblasserin den Sinn und Zweck dieses Besuchs nicht verstanden haben. Während eines ca. 15-minütigen Gesprächs habe ihr mindestens 8-mal erklärt werden müssen, wer er sei, woher er komme und woher er das alles wisse. Nach diesem Protokoll soll die Erblasserin noch nicht einmal mitbekommen haben, dass einer ihrer Söhne damals bereits verstorben und damit nicht mehr ihr Betreuer gewesen sei (vgl. AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl.162).

(5)

Der Feststellung einer am 23.03.2007 vorliegenden fortgeschrittenen Demenzerkrankung vom Alzheimertyp, die eine Testierfähigkeit ausschließt, wird auch nicht durch den weiteren Akteninhalt erschüttert.

(a)

Das gilt insbesondere für das in den Betreuungsakten befindliche Protokoll vom 23.10.2006, das von dem Beklagten über ein Gespräch mit seiner Mutter am 20.10.2006 im Pflegeheim in Anwesenheit des Pflegedienstleiters gefertigt worden ist

In diesem Protokoll ist festgehalten, dass der Beklagte damals seiner Mutter mitgeteilt hat, dass Kosten in Höhe von 20.000,-€  für seinen Bruder bezuschusst werden müssten und er deshalb die Abhebung dieses Geldes von ihrem Konto veranlassen und als ihr Vertreter einen Darlehensvertrag abschließen müsse. Soweit die Erblasserin diesem Vorgehen „spontan“ zugestimmt haben soll (AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 159), bedeutet das nicht, dass sie die zuvor geschilderte, nicht unkomplizierte Vorgehensweise ihres Sohnes in ihrer Komplexität auch wirklich erfasst hat. Die nachfolgende kurze Bestätigung des Pflegedienstleiters T2-C3 besagt nur, dass sie damals wohl verstanden hatte, dass ihr Sohnes Dr. H ernsthaft erkrankt war und sie deshalb einverstanden war, dass der Beklagte, „entsprechende Schritte“ vornahm und über ihr Konto verfügen sollte (AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 160).

Aus diesem vom Pflegedienstleiter unterschriebenen Vermerk lässt sich nicht folgern, dass sie im Oktober 2006 auch noch fähig gewesen ist,  das Für und Wider ihrer erteilten Zustimmung unter Berücksichtigung ihrer damaligen finanziellen Lage vorher angemessen abzuwägen. Deshalb war die Vernehmung des Pflegedienstleiters nicht geboten.

So lässt sich die von ihm bestätigte, spontane Zustimmung der Erblasserin ebenso damit erklären, dass sie dem Beklagten als ihrem Betreuer voll vertraute und lediglich wollte, dass ihrem anderen Sohn geholfen wurde. Soweit der Pflegedienstleiter weiter bestätigt hat, dass die Erblasserin  „voll über den Inhalt des Gesprächs mit ihrem Sohn H3 im Klaren war“, lässt sich dies mit der vom Zeugen Dr. med. G beschriebenen aufrecht erhaltenen äußeren Fassade erklären, die das Krankheitsbild der von ihm bereits im Sommer 2004 diagnostizierten fortgeschrittenen Demenzerkrankung nicht in Frage stellt.

(b)

Ebenso bedurfte es nicht der Vernehmung der Richterin am Amtsgericht L zu dem von ihr am 11.09.2009 gefertigten Vermerk über eine Anhörung der Erblasserin im Betreuungsverfahren. Soweit die Richterin dort vermerkt hat: „Ein Gespräch mit Frau H ist gut möglich“  (AG KAMEN 10 XVII 395/04, Bl. 191), ging es lediglich um die Abklärung der allgemeinen  Betreuungssituation, das heißt darum, ob die Erblasserin mit ihrem Sohn als Betreuer weiter zufrieden und wie die Versorgung im Pflegeheim war. Soweit die Erblasserin dann geäußert haben soll: „sie hoffe aber, bald wieder nach Hause zurück zu können“, macht dies wiederum ihren Realitätsverlust deutlich, indem sie ihre tatsächliche Pflegesituation vollkommen verkannt hat.

(6)

Zuletzt wird die bereits im August 2004 vorliegende fortgeschrittene Demenzerkrankung vom Alzheimertyp bestätigt durch das Verhalten des Beklagten selbst.

So hat er zusammen mit seinem Bruder die Anordnung der Betreuung im September 2004 veranlasst. Der gemeinsam gestellte  Antrag an das Betreuungsgericht vom 07.09.2004 ist unter Hinzufügung der ärztlichen Berichte des Zeugen Dr. med. G damit begründet worden, dass die Erblasserin „nicht mehr in der Lage ( ist), für sich selbst zu sorgen.“

Die gerichtliche Anordnung der Betreuung war trotz der den Söhnen am 12.09.2002 erteilten Vorsorgevollmacht notwendig, weil die Erblasserin weder mit dem Verkauf noch mit einer Belastung einer ihrer Immobilien einverstanden war. Sie verweigerte sich der Erkenntnis, dass ihre monatlichen Einnahmen zur Deckung der ab September 2004 entstandenen Pflege- und Unterbringungskosten nicht ausreichten (vgl. AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 7). Auch als dann im Jahr 2006 das Hausgrundstück L in L3 mit vormundschaftsgerichtlicher Genehmigung verkauft werden musste, war die Erblasserin strikt gegen einen solchen Verkauf, weil sie weiterhin beabsichtigte, in ihr früheres Haus sofort zurückzukehren und dort auch zu versterben. Ihren Willen hat sie noch gegenüber dem als Verfahrenspfleger zur Wahrnehmung ihrer Interessen bestellten Zeugen N2 unmissverständlich geäußert  (vgl. Stellungnahme des Verfahrenspflegers vom 11.05.2006, AG KAMEN, 10 XVII 395/04, Bl. 85).

Vor diesem Hintergrund ist es nicht nachvollziehbar, dass der Beklagte dann ca. 3 Jahre später geglaubt haben will, seine Mutter sei bei Errichtung des notariellen Testaments am 23.03.2007 noch testierfähig gewesen, nur weil der Inhalt des Testaments – Alleinerbstellung des verbliebenen Sohnes  - ihrem damals geäußerten Willen entsprochen habe.

Weshalb in diesem Testament eine Ausschlussklausel bezogen auf ein mögliches Anfechtungsrecht des übergegangenen Pflichtteilsberechtigten, § 2079 BGB, aufgenomen worden ist vermochte der Beklagte bei seiner Anhörung durch den Senat nicht zu erklären.

Die Hinzufügung dieser Klausel ergibt nur dann einen Sinn, wenn es neben dem Beklagten noch einen weiteren Pflichtteilsberechtigten gegeben hat, der nach dem Willen der Erblasserin von der Erbschaft ausgeschlossen bleiben sollte. Über die gesetzliche Erbenstellung der Klägerin als Adoptivkind seines vorverstorbenen Bruders und die hieraus resultierende Pflichtteilsberechtigung der Klägerin will der Beklagte allerdings mit seiner Mutter weder vor noch bei der Testierung  gesprochen haben (vgl. Berichterstattervermerk vom 22.06.2017).

cc)

Nach alledem steht in der Gesamtschau der erhobenen Beweise mit einer zur Überzeugungsbildung des Senats hinreichenden Gewissheit fest, dass die Erblasserin zum Zeitpunkt der Beurkundung des notariellen Testaments am 23.03.2007 testierunfähig gewesen ist.

2.

Auch die Klageanträge auf Feststellung der Unwirksamkeit der am 23.07.2007 und am 23.05.2008 beurkundeten Schenkungsverträge sind begründet.

Die Erblasserin war ab dem 23.07.2007 nicht mehr geschäftsfähig, § 104 Nr. 2 BGB, weil sie aufgrund einer fortgeschrittenen Demenzerkrankung vom Alzheimertyp zu einer freien Willensbestimmung nicht mehr in der Lage gewesen ist und diese Erkrankung nicht von einer vorübergehenden Natur war.

Die in § 2229 IV BGB geregelte  Testierunfähigkeit stellt ein Unterfall der in § 104 BGB gesetzlich definierten Geschäftsunfähigkeit dar (Palandt-Weidlich, § 2229 BGB Rz. 1).

Bei einer Altersdemenz mittleren Grades, die progredient  verläuft und bei der die Annahme von luziden Intervallen oder zeitweiligen Verbesserungen auszuschließen ist, sind auch die Voraussetzungen des § 104 Nr. 2 BGB gegeben, wenn durch die Erkrankung eine freie Willensbildung ausgeschlossen ist  (vgl. OLG München NJW-RR 2009, 1599;  Palandt-Ellenberger § 104 BGB Rz. 5). Diese Voraussetzungen sind nach dem Ergebnis der hierzu durchgeführten Beweisaufnahme bei der Erblasserin ab dem 23.03.2007 gegeben gewesen. Auf die vorstehenden Ausführungen (unter Ziff. II. 1. b)) wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf  §§ 708 Nr. 10, 711  ZPO.

Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgericht erfordert, § 543 II 1 ZPO.